Braunkohlebergbau im Westerwald

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Die Entstehung der Braunkohle im Westerwald

Die Braunkohlevorkommen des Westerwaldes haben ihren Ursprung in der Tertiärzeit. Während hoher Grundwasserstände entstanden auf dem damals nur knapp über dem Meeresspiegel liegenden Gebiet des Hohen Westerwaldes ausgedehnte Sumpfgebiete.
Auf absinkendem Untergrund bildeten sich nacheinander bis zu drei Flöze bzw. Flözgruppen, die durch Ton, Sand und vulkanische Asche getrennt sind. Wenig später drangen basaltische Laven zwischen die Flöze bzw. überlagerten sie.

Im Westerwald findet man Weich- und Hartbraunkohle. Erstere ist aufgrund des geringen geologischen Alters nur wenig inkohlt, sie besitzt eine weiche, faserige und torfartige Konsistenz („Moorkohle“). Wegen ihres sehr hohen Wassergehalts (bis etwa 50 %) ist ihr Heizwert sehr gering.

Die Hartbraunkohle trat überall dort auf, wo die Flöze von Basalt überlagert bzw. durchdrungen wurden oder tiefer lagen. Der geothermische Einfluss des Basalts beschleunigte die Inkohlung erheblich, so dass sie für ihr junges geologisches Alter einen ungewöhnlich geringen Wassergehalt von etwa 30 bis 35 % aufweist. Sie ist eichenholzartig (lignitisch) und teilweise so hart, dass beim Abbau gesprengt werden musste. Im Gegensatz zur Weichbraunkohle konnte sie in stückiger Form transportiert und verarbeitet werden.

Das Westerwälder Braunkohlerevier

Die Vorkommen des Westerwälder Braunkohlereviers sind bereits seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Man fand Braunkohlestückchen an Berghängen zu Tage tretend, in Flüssen und Bächen oder in Steinbrüchen und nannte sie wegen ihrer holzartigen Struktur „unterirdisches Holz“ oder „Holzkohle“.
Die Kohle blieb zunächst ungenutzt. Erst im 17. Jahrhundert unternahm Fürst Johann Ludwig von Nassau-Hadamar bei Höhn einen Bergbauversuch, der aber u.a. wegen der minderen Qualität der Kohle rasch aufgegeben wurde.
Auch im 18. Jahrhundert blieben – trotz steigendem Bedarf an Brennstoffen für die Eisenhütten – die Nutzungsmöglichkeiten für die Braunkohle des Westerwaldes gering. Die minderwertige Kohle wurde überwiegend von der Landbevölkerung zum Heizen verwendet.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden Holz und Steinkohle als Brennstoff immer knapper und teurer, so dass die Braunkohle als Alternative an Bedeutung gewann. Durch Veredlungsprozesse (Verkohlung in Meilern, ähnlich wie bei Holzkohle) konnte ihr Heizwert gesteigert werden. So war sie auch von Betrieben nutzbar, die einen höheren Heizwert benötigten, wie etwa Schmieden, Schlossereien und vereinzelt sogar Eisenhütten.
Mit zunehmender Nachfrage stieg auch der Preis und bis Mitte des 19. Jahrhunderts gab es bereits 22 Bergwerke, die jährlich 50.000 t Kohle förderten.
Nach und nach schloss man die unwirtschaftlichen Gruben und legte die verbliebenen Bergwerke zusammen. Die Zahl der Beschäftigten und die Förderung stieg weiter an. Die Verknappung von Steinkohle infolge von Massenstreiks an der Ruhr im späten 19. Jahrhundert und der Bau der Westerwaldquerbahn 1906 verbesserten die Absatzmöglichkeiten und die Transportwege.

Die Konkurrenzfähigkeit fehlte

1914 eröffnete die Elektrizitätswerk Westerwald AG (EWAG) neben der ihr gehörenden Grube Alexandria (Höhn) ein Kraftwerk, welches bald zum Hauptabnehmer der Westerwälder Braunkohlen wurde, sowie eine Dampfziegelei. Aber trotz aller Verbesserungen und des kurzfristigen Aufschwungs während des Ersten Weltkrieges konnte sich das Westerwälder Braunkohlerevier nicht gegen die Steinkohlereviere der Ruhr oder das nahe gelegene Rheinische Braunkohlerevier behaupten.

Der Untertageabbau war zu aufwändig. Fast alle Gruben wurden geschlossen, bis im Jahr 1940 nur noch vier aktive Braunkohlegruben übrig blieben. Der Zweite Weltkrieg führte schließlich zeitweise zum völligen Erliegen des Bergbaus.

Mit dem Wirtschaftswunder nach Kriegsende stieg der Bedarf an Braunkohle wieder an und der Abbau wurde kurzfristig erneut verstärkt. Teilweise kam es sogar zu wilder Kohlengräberei. Man versuchte zudem, die Braunkohle im Tagebau mit Großgeräten zu gewinnen.
Die Anfang 1951 begonnene Grube der Gewerkschaft Neuhaus II an der Bacher Lay bei Bad Marienberg stellte den Betrieb jedoch bereits nach wenigen Monaten wegen Unwirtschaftlichkeit wieder ein.

Ab 1954 war als letzte Grube des Westerwälder Braunkohlereviers nur noch die Schachtanlage Alexandria mit dem angeschlossenen Kraftwerk in Betrieb.
1959 beschloss man die Stilllegung des Elektrizitätswerks in Höhn. Dadurch fiel der Hauptabnehmer der Kohle weg und das Ende des Bergbaus war abzusehen.
Im Frühjahr 1961 wurde der Betrieb eingestellt. Insgesamt wurden im Westerwälder Braunkohlerevier 10 bis 12 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert.

Heute sind nur noch wenige Zeugen des Braunkohlebergbaus erhalten, darunter Halden und Pingen im Gelände, einige Gebäude sowie Teile von Fördergerüsten, die als Denkmäler bewahrt wurden.

Verwendete Literatur

Koch, H.G. (1982): Erzväter. Berg- und Hüttenleute, Gruben und Hochofenwerke im Siegerland und Westerwald
Isert, F. (1968): Bergamtsbezirk Diez. - Beschreibung Rheinland-Pfälzischer Bergamtsbezirke 2
Fuchs, K. (1962): Die Entwicklung des Braunkohlenbergbaus im Oberwesterwald. - Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung 73-74, S. 183-203
Akten und Kartenwerke Archiv Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz (LGB-RLP)


Verfasser: Christoph Eul und Roger Lang

Literaturverzeichnis