Frauen- und Kinderarbeit im Siegerländer Bergbau

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Frauen- und Kinderarbeit

Frauen- und Kinderarbeit war im Siegerländer Bergbau weit verbreitet. Die soziale Not der Bergmannsfamilien führte häufig dazu, dass bereits Schulkinder auf den Halden mitarbeiten mussten. Mädchen und Frauen durften nur über Tage in den Aufbereitungsanlagen und den Halden arbeiten. Vor allem die harte körperliche Arbeit aber auch die giftigen Schwefeldämpfe der Röstöfen führten zu schweren Gesundheitsschäden. Schutzkleidung war weitgehend nicht vorhanden. Die Jungen konnten hingegen ab dem 16. Lebensjahr eine Bergmannslehre beginnen.

Verfasser: Christoph Eul (Diskussion) 14:14, 20. Okt. 2014 (CEST)

Haldenjungen – Kinderarbeit im Bergbau des Siegerlands

In den Aufbereitungsanlagen über Tage und an den Scheidebänken arbeiteten hauptsächlich Frauen und Kinder. Hier wurde das Erz vom tauben Gestein, der sogenannten Berge, getrennt, bevor es zu den Röstöfen gebracht wurde. Bis zum Ende des Erzbergbaus im Siegerland und dem Westerwald wurde diese Arbeit auch weiterhin von Frauen und Jugendlichen verrichtet. Die Haldenjungen wurden zu einem Sinnbild der Kinderarbeit im Bergbau. Für einen geringen Lohn mussten diese das bereits aufbereitete Eisenerz aus den Röstöfen noch einmal aussortieren und das taube Gestein zur Halde bringen.
Die Arbeit der Haldenjungen unter den Röstöfen wurde wie Folgt beschrieben: „Der geröstete Eisenstein, den man dem Ofen entnahm, wurde auf einer etwa drei Quadratmeter großen Bodenfläche ausgebreitet, was mit der Schaufel geschah. Das Ganze wurde mit Wasser übergossen, und blank, bunt und schillernd lag alles, was kein Eisenstein war, vor den Augen. Nun hieß es mit schnellen Fingern das Wertlose vom Eisenstein trennen und fort zur Halde bringen.“[1]


Verfasser: Christoph Eul (Diskussion) 14:14, 20. Okt. 2014 (CEST)

Vom Haldenjungen zum Bergmann

Haldenjungen vor den Röstöfen der Grube Bindweide (Fotograf unbekannt)

Während für Mädchen und Frauen die Arbeit über Tage die einzige Tätigkeit im Bergbau blieb, war es für die Jungen erst der Einstieg in die Bergmannsarbeit. Ein Haldenjunge, der 1924 sein Berufsleben begann, erzählte dazu: „meine Arbeitszeit betrug 12 Stunden, von morgens 6 Uhr bis abends 6 Uhr. Zweimal gab es eine Viertelstunde Pause und mittags eine Stunde. Ich verdiente 1,20 – 1,50 Mark am Tag. Am Lohntag mußte ich dafür am Schalter noch die Mütze ziehen und „Dankeschön“ sagen.“[2]

Zu der Arbeitszeit von 12 Stunden kam oft noch ein Anmarsch von 1-2 Stunden oder mehr hinzu. Als Tagesverpflegung dienten den Bergleuten oft nur Brote mit Marmelade. Mit spätestens 16 Jahren begann für die meisten Jungen die Arbeit unter Tage. Als „Bergläufer“ bestand ihre erste Aufgabe zunächst darin, die Abbaue wieder mit taubem Gestein, der Berge, zu verfüllen. Als „Steinläufer“ fuhren sie dann die Erzwagen von den verschiedenen Abbauen zum Schacht. Beim Abteufen von neuen Schächten fuhren die „Förderjungen“ auf den Sohlen das erforderliche Material heran.[3] Aus der Stammrolle der Grube Glücksbrunnen von 1906 bis 1915 geht hervor, dass 93 von 352 Arbeitern zwischen 14 und 17 Jahren alt waren. Dies macht deutlich, dass auf jeden gelernten Bergmann mehrere ungelernte und somit billige Hilfskräfte kamen.


Verfasser: Christoph Eul (Diskussion) 14:15, 20. Okt. 2014 (CEST)

Das Verbot der Kinderarbeit

Haldenjungen an den Röstöfen der Grube Bindweide (Fotograf unbekannt)

Die bittere Not der Bevölkerung in den vergangenen Jahrhunderten bot den Menschen oft keine Alternative zu der Arbeit als Bergmann. Kinderreichen Familien fehlte es meist am Lehrgeld für klassische Handwerksberufe wie z.B. Zimmermann. Die Kinder mußten so schon früh für den Lebensunterhalt mitsorgen und begannen schon ab dem 10. Lebensjahr mit dem Arbeiten. Kinderarbeit unter Tage war bereits früh verboten worden. Die Kinderarbeit über Tage wurde hingegen erst am 18. Oktober 1854 in einer vom Königlich-Preußischen Bergamt zu Siegen weitergeleiteten Verfügung des Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten, für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeit verboten. Hierin heißt es:

„Nach den bisherigen Erfahrungen ist indessen bereits als feststehend anzunehmen, daß jugendliche Arbeiter vor dem vollendeten 16. Lebensjahr in die Gruben (unter Tage) nicht ohne Nachteil für ihre Gesundheit beschäftigt werden können. Auch ist das sog. Haspelziehen und das Karrenlaufen auf ansteigenden Bahnen über Tage als schädlich für dergleichen jungendliche Arbeit zu bezeichnen. Wir bestimmen daher auf Grund des Paragraphen 10 des Regulations vom 9. März 1839 und des Paragraphen 10 des Gesetzes vom 16. Mai 1839, daß dergleichen Beschäftigung nicht weiter geduldet werden soll.“ [4]


Verfasser: Christoph Eul (Diskussion) 14:16, 20. Okt. 2014 (CEST)

„Erzengel am Leseband“ – Frauenarbeit im Bergbau

Frauenarbeit an den Scheidebänken auf Grube Bindweide (Foto: Peter Weller)[5]
Frauen an den Verlesebändern (Foto: Privatsammlung A. Schäfer)

In vielen Familien wurde die Arbeit in den Gruben über Generationen weitergegeben. Nicht nur Jungen und Männer arbeiteten hier, sondern auch die Frauen und Mädchen fanden hier ihre Anstellung. Sie wurden landläufig „Erzengel“ genannt. Der liebevoll klingende Name steht jedoch im starken Gegensatz zu der harten Arbeit und auch der sozialen Ausgrenzung. Die Schwefeldämpfe, die beim Rösten des Gesteins frei wurden, wirkten sich zum Teil verheerend auf die Gesundheit der Arbeiterinnen aus.

Josef Hoffmann beschreibt in seinem Buch „Der Ewige Bergmann“ die Frauen wie folgt: „Diese Haldenmädchen (und Frauen) arbeiteten nach oft mehrstündigem Anmarsch bei Wind und Wetter und ohne Gebäudeschutz zwölf Stunden bei den Röstöfen, entfernten aus dem gerösteten Erz das taube Gestein, beluden die Loren und drückten sie an die vorgeschriebenen Stellen. Von Kopf bis zu den Füßen eingerußt, den Anstrengungen keineswegs gewachsen, von Männern beaufsichtigt, den kargen Verdienst zuweilen durch Überschichten erhöhend, waren sie vor allem auf dem oft sehr weiten Heimweg fast unverständlichen Belästigungen ausgesetzt, dies vor allem durch die Schimpfnamen „Glanzdam“ („Glanz“ eine Erzart), „Roostmoggn“ („Moggn“ harter Stein), beziehungsweise „Halmoggn“; dieser Ruf begleitete die Mädchen, wo immer sie sich blicken ließen, wobei es auch nicht selten zu harten Anremplungen vielerlei Art kam. Trotzdem waren sie ein oft genug auch fröhliches Völkchen, das sich seiner Haut zu wehren wußte, gerade auch gegenüber sittlichen Belästigungen.“ [6]


Verfasser: Christoph Eul (Diskussion) 14:16, 20. Okt. 2014 (CEST)

Literaturverzeichnis

  1. vgl. Schäfer, A., Hanke, E. (1997): Haldenjungen - Kinderarbeit im Bergbau. In: Päd. Zentrum Rheinland-Pfalz, Bad Kreuznach [Hrsg.], Entlang der Erzstraße. Päd. Zentrum Rheinland-Pfalz, S. 113
  2. vgl. Koch, H.-G. (1982): Erzväter. Gudrun Koch, S. 86
  3. vgl. Koch, H.-G. (1982): Erzväter. Gudrun Koch, S. 86
  4. vgl. Koch, H,-G. (1967): Bevor die Lichter erloschen. Vorländer, S. 63
  5. Siegeländer Heimat- und Geschichtsverein e.V. [Hrsg.] (2011): Im Land der Erzgruben, Eisenhütten und Hauberge. Vorländer, S. 56
  6. vgl. Schäfer, A., Hanke, E. (1997): Haldenjungen - Kinderarbeit im Bergbau. In: Päd. Zentrum Rheinland-Pfalz, Bad Kreuznach [Hrsg.], Entlang der Erzstraße. Päd. Zentrum Rheinland-Pfalz, S. 116