Lehrmaterial: Transport der Bindweider Erze

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Vorbemerkungen

Bezogen auf die Standorte der Siegerländer Hüttenbetriebe muss die Lage der Grube Bindweide als ungünstig bezeichnet werden. In ihrer unmittelbaren Nähe befand sich keine Hütte, so dass der Abtransport der abgebauten Erze z. T. über weite Strecken organisiert werden musste:

  1. Theodor Stein, der erste Betreiber der Grube Bindweide, unterhielt keine eigenen Hütten. Er verkaufte die Erze ausschließlich an die Siegerländer Hütten.
  2. Die Firma Krupp, welche die Grube 1872 erwarb, hatte ein Interesse daran, sich eine eigene „Erzbasis“ für ihre Hochöfen im Ruhrgebiet (Essen, Rheinhausen) zu schaffen. Dies gelang u. A. mit dem Erwerb vieler Gruben an Wied und Lahn, so auch der Grube Bindweide im Jahr 1872.

Didaktische Hinweise

Den Schülern sollte vermittelt werden, dass sich die Intensivierung des Eisenerzbergbaus im Siegerländer und Wieder Spateisensteinbezirk erst mit der Erschließung durch Eisenbahnlinien einstellte:

  1. Im Siegerländer Revier begann diese Erschließung mit der Fertigstellung der Deutz – Giessener Eisenbahnlinie im Jahr 1862.
  2. Mit dem Bau der Westerwaldbahn (Altenkirchen – Siershahn – Bendorf) im Jahr 1883 wurde für die Eisenerzgruben im Wieder Bezirk verhältnismäßig spät ein Abtransport größerer Erzmengen ermöglicht.

Der Erztransport von der Grube Bindweide zu den Hüttenstandorten und von diesen zu den Eisen und Stahl verarbeitenden Betrieben ist geeignet, exemplarisch im Unterricht zur Wirtschaftsgeographie darzulegen, wie entscheidend die Schaffung von Verkehrsverbindungen für die Steigerung der Produktion ist. (siehe Arbeitsmaterial zu Förderzahlen)
Den Gruben war es in den meisten Fällen selbst überlassen, für den Erztransport zu sorgen. (Pferdefuhrwerk, Anschlussbahnen an die Staatsbahn, Seilbahnen)
Am Beispiel der Grube Bindweide kann erarbeitet werden, wie sich im Normalfall der Erztransport zu den Hütten gestaltete und wie technischer Fortschritt genutzt wurde.
Mit Schülern höherer Klassen kann im Bereich Wirtschaftsgeographie diskutiert werden, welche Art des Transportes als rentabler gewertet werden musste:

  1. Eisenerz zur Kohle,
  2. oder Kohle zum Eisenerz.

Beide Verfahren fanden Anwendung, wobei sich der Transport von Eisenerz zu den Hütten im Allgemeinen wegen der Bereitstellung von geringerem Transportvolumen als günstiger erwies als umgekehrt. Die Reichhaltigkeit der Erzvorkommen im Siegerland rechtfertigte aber umgekehrt den Kohle- (Koks)transport aus dem Ruhrgebiet dorthin. (Siehe Literaturhinweise)
Theodor Stein, der erste Betreiber der Grube Bindweide, war allein auf den traditionellen Erztransport mit Hilfe von Pferdefuhrwerk zu den Siegerländer Hütten angewiesen.
Die Firma Krupp strebte an, ihre Hochofenanlagen im Ruhrgebiet (Essen, Rheinhausen) u.a. auch mit dem Erz der Grube Bindweide (ab 1872) zu versorgen. Gleichzeitig mit dem Kauf der Horhausener Gruben Georg, Friedrich-Wilhelm und Louise hatte die Firma Krupp 1865 die Sayner und Mühlhofener Hütte bei Bendorf erworben. Die Horhausener Gruben belieferten diese hauptsächlich mit Eisenerz, aber auch die Grube Bindweide. (s. AM 11.4: Frachtschein).
Während der Kruppschen Zeit der Grube Bindweide (1872 bis 1931) vollzog sich die Modernisierung des Erzabtransportes:

  • Pferdefuhrwerk (1837 – 1882, (Stein und Krupp)
  • Schmalspurbahn (1882 – 1913) bis zur Staatsbahn bei Scheuerfeld
  • Direktanschluss der Grube durch die Staatsbahnlinie Scheuerfeld – Bindweide - Nauroth (1913 – 1931).

Den Schülern sollte verdeutlicht werden, dass der anfängliche Erztransport mit Pferdefuhrwerk teils im Nebenerwerb, teils hauptberuflich durchgeführt wurde.

Methodische Hinweise

Für den Unterricht empfiehlt es sich, unter Verwendung geeigneten Kartenmaterials die Entfernungen von der Grube Bindweide zu den genannten Hüttenstandorten zu ermitteln.


Materialien

Die folgend aufgeführten Materialien können einzeln abgespeichert und im Unterricht verwendet werden. Alternativ kann die


AM 11.1 Erztransport mit Pferdefuhrwerk

Peter Josef Kirschbaum (Sohn des Bindweider Obersteigers Anton Kirschbaum) fotografierte den Fuhrmann Peter Pfeiffer aus Steinebach. Zum Zeitpunkt der Aufnahme bestand bereits der Anschluss der Grube Bindweide an das staatliche Eisenbahnnetz bei Scheuerfeld mittels einer Schmalspurbahn, so dass das Foto eher einen Basalttransport mit Pferdefuhrwerk zeigt. Dennoch ist die Aufnahme dazu geeignet, den Schülern Wesentliches zum anfänglichen Erzabtransport von der Grube Bindweide zu vermitteln oder durch Schülerselbsttätigkeit erarbeiten zu lassen:
Beschaffenheit des Wagens, Vermutungen zur Menge des transportierten Materials, Anschirrausrüstung der Pferde, Lade- und Abladearbeit durch den Fuhrmann selbst, Fuhrlohn, Zustand der Fahrwege; die Steigung auf der Strecke von Elben nach Steineroth beträgt 8 – 9 %.
(s. Literaturhinweis: W. Merzhäuser: Die Kruppsche Elbbachtalbahn von Steinebach nach Scheuerfeld.)


AM 11.2 Die Schmalspurbahn Bindweide - Scheuerfeld

Das Peter Josef Kirschbaum - Foto zeigt den Lokschuppen auf Grube Bindweide mit zwei Loks.
Quelle: Horst G. Koch: Als die Lichter erloschen; Siegen 1990, S. 25.

Technische Daten

  • Strecke Bindweide – Scheuerfeld (dort Anschluss an die Deutz-Gießener Bahn)
  • Länge: 7,3 km
  • Steigung / Gefälle: 150 m; (= 2 %)
  • Spurweite: 1m
  • 20 Wagons zu je 5 Tonnen Ladefähigkeit, 1 Wagen für Warentransport u. a. zur Versorgung der „Kruppschen Konsumanstalt“ auf Grube Bindweide
  • Tunnel vor Scheuerfeld: 282 m lang
  • Verladung in die Wagons der Staatsbahn mittels einer Sturzrampe bei Scheuerfeld
  • Personal: 2 Lokführer, ein Heizer, drei Bremser


AM 11.3 Erzverladeanlage auf die Staatsbahn bei Grube Bindweide

Mit dem Bau der Staatsbahnlinie Scheuerfeld – Steinebach – Nauroth (Fertigstellung 1913) konnte der Erztransport von Grube Bindweide aus direkt mit der Staatsbahn erfolgen. Das Foto zeigt die Verladeanlage der Grube Bindweide auf der „Bindweider Höhe“. Nach der Röstung wird das Eisenerz über „Schüttschnauzen“ in die Wagons der Staatsbahn (Scheuerfeld – Bindweide – Nauort) verladen.
Quelle: Horst G.Koch: Glanz aus der Tiefe, Siegen 1990, S. 48.


AM 11.4 Frachtschein

Aus den Angaben geht hervor, dass die Firma Krupp die Mühlhofener Hütte bei Bendorf u. a. auch mit Eisenerz der Grube Bindweide belieferte. Zielbahnhof ist das benachbarte Engers, so dass das Erz dort wiederum für die Reststrecke zur Hütte umgeladen werden musste.
Quelle: Slg. Joachim Weger, Gebhardshain


AM 11.5 Förderzahlen der Grube Bindweide

Förderzahlen der Grube Bindweide:

  • 1841 – 1850: 1 200 t
  • 1851 – 1860: 15 000 t
  • 1861 – 1870: 57 863 t
  • 1871 – 1880: 188 260 t
  • 1881 – 1890: 700 839 t (Schmalspurbahn)
  • 1891 – 1900: 983 642 t (Schmalspurbahn)
  • 1901 – 1911: 1 113 194 t (Schmalspurbahn)
  • 1911 – 1920: 1 011 339 t (Direktanschluss der Grube an die Staatsbahn)
  • 1921 – 1930: 1 014 120 t (Direktanschluss der Grube an die Staatsbahn)
  • 1931 – 1940: 45924 t (Stilllegung, Abfuhr der noch auf Halde liegenden Erze)
  • Gesamtförderung: 5120381 t