Geologie des Westerwaldes

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Eine Zeitreise durch die Erdgeschichte

Blickt man heute über die Landschaft des Westerwaldes, so überschaut man mehr als 400 Millionen Jahre der Erdgeschichte.

Der Westerwald auf dem Meeresboden

Zu Beginn unserer Zeitreise, in der Zeit des Devons, wurden am Grunde eines rund 300 km breiten Meeres mächtige Schichten aus Sand und Schlamm abgelagert – angeliefert von großen Flüssen des im Norden liegenden Großkontinents Laurussia-Euramerika). Damals sahen die Verteilung der Kontinente und ihre äußere Form noch ganz anders aus als heute.
Der heutige Westerwald lag zu dieser Zeit noch unter dem Meeresspiegel etwas südlich des Äquators. Das hat mit der Kontinentaldrift – auch Plattentektonik genannt – zu tun:
Alle Kontinente verändern im Laufe der Zeit langsam, aber stetig ihre Position auf dem Globus. Sie driften auseinander oder kollidieren miteinander. Die Auswirkungen dieser Prozesse führten im weiteren Verlauf der Devonzeit zu vulkanischer Aktivität am Meeresboden. Dabei entstanden auch kleine Vulkaninseln. Die Inseln und Untiefen im Meer boten Lebensraum für riffbildende Lebewesen, die in den flachen und lichtdurchfluteten Gewässern mächtige Riffe aufbauten.
Aus den Ablagerungen dieser Riffe bildeten sich Kalksteine.

Vom Meeresboden zum Gebirge

Im Zeitalter des Karbons, das auf das Devon folgt, wanderte der Südkontinent Gondwana (zu dem das heutige Afrika gehörte) nach Norden und kollidierte nach Jahrmillionen mit dem Nordkontinent Laurussia (Euramerika) – gewissermaßen ein geologischer Auffahrunfall.
Dabei schob Gondwana die zwischen den Kontinenten liegenden Gesteinsablagerungen wie ein Bulldozer vor sich her. Dies führte zuerst zur Schließung der Rheinischen Meeresstraße durch Hebung des Meeresbodens.

Vor rund 320 Millionen Jahren wurden dann die devonzeitlichen Meeresablagerungen durch Druck weiter verfestigt, in Falten gelegt, zerbrochen, über den Meeresspiegel gehoben und schließlich teilweise auf das nördliche Festland aufgeschoben. Laurussia und Gondwana bildeten nun gemeinsam den neuen Großkontinent Pangäa.
Die Kollision der Kontinente türmte ein Gebirge auf, das zum Teil Hochgebirgscharakter aufwies.
Diese Auffaltung während der Karbonzeit wird nach dem Land der Varisker, dem Vogtland, Variskische Gebirgsbildung genannt. Dabei bildeten sich durch den Druck in der Erdkruste aus den Sand- und Tonsteinen des Devonmeeres Quarzite und Tonschiefer. Letztere gaben dem Rheinischen Schiefergebirge seinen Namen.

Die Bildung der Erze

Mit der Auffaltung des Rheinischen Schiefergebirges ging auch die Bildung der Siegerländer und Westerwälder Spateisenerze einher, die in Bruchzonen in den Gesteinen aus heißen Wässern in Form von Siderit (Eisenspat) auskristallisierten. So wurde die geologische Grundlage für einen weit über 1.000 Jahre währenden Bergbau geschaffen.

Die Erde steht nicht still: Jahrmillionen im Zeitraffer

Das Rheinische Schiefergebirge ist ein Hochgebiet, das seit seiner Entstehung ständig der Verwitterung und Abtragung unterliegt. Dabei bildete sich eine Verwitterungsdecke, die an manchen Stellen bis zu 150 Meter mächtig war. Im Erdmittelalter und in der frühen Erdneuzeit wurden diese tonigen Verwitterungslehme teilweise umgelagert und in ausgedehnten Flussebenen und Seenlandschaften abgesetzt.

Der Basalt entsteht

In der Erdneuzeit, während des Tertiärs, begann es im Westerwald wieder zu brodeln – Vulkanausbrüche waren häufig. Altersbestimmungen an den vulkanischen Gesteinen belegen, dass es in der Zeit von 28 bis 5 Millionen Jahren vor heute zu zahlreichen Eruptionen kam, während derer insgesamt ca. 4.000 km³ vulkanische Produkte gefördert wurden. Dabei entstand eines der am weitesten verbreiteten Gesteine im Westerwald,der Basalt.

Die Bildung des Tons

Im Zusammenhang mit dem Vulkanismus und plattentektonischen Prozessen wurde die Landschaft in dieser Zeit neu gestaltet. Mehrere große Becken entstanden durch die Dehnung der Erdkruste zwischen dem Mittelrheingebiet und dem Westerwald. Es lagerten sich Tone ab, die heute im Kannenbäckerland als hochwertige Rohstoffe gewonnen werden.

Die heutige Westerwaldlandschaft

Das heutige Antlitz der Landschaft wurde erst während des Quartärs, auch das Eiszeitalter genannt, geprägt. Warmes und kaltes Klima wechselten sich mehrfach ab. Diese Klimawechsel blieben nicht ohne Folgen:
Es kam zu Abtragung und Verwitterung, Flüsse und Bäche schnitten sich tief in die Landschaft ein. Die harten, vulkanischen Gesteine leisteten größeren Widerstand gegen die Abtragung und bilden heute die markanten Bergkuppen.

Der Abtragungsschutt wurde von Flüssen in die Täler und Ebenen transportiert und in Flussterrassen abgesetzt. Dieser Prozess dauert bis heute an, denn das Rheinische Schiefergebirge hebt sich immer noch ganz langsam. Für uns sind diese Prozesse kaum wahrnehmbar.

Wir sehen heute das Ergebnis von 400 Millionen Jahren Erdgeschichte quasi im Zeitraffer.

Verfasser: Roger Lang