Eisenbahn in Betzdorf

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Stadt Betzdorf
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Steckbrief
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Die Siegtalbahn über Betzdorf

Die industrielle Aufbruchstimmung an Rhein und Ruhr in der Mitte des 19. Jahrhunderts wirkte sich auch auf die Entwicklung des Westerwalds und des Siegerlandes aus. Einflussreiche Kaufleute und Bankiers trieben die Überlegungen voran, den jahrhundertealten Siegerländer Erzbergbau durch Aktienunternehmen „im modernen Sinne zu entwickeln“ und die Hochöfen vom traditionellen Holzbrand auf den leistungsfähigen Koksbetrieb umzustellen. Hierzu musste jedoch die Versorgung der Hüttenstandorte mit Koks aus dem Ruhrgebiet sichergestellt werden, was den Bau einer Eisenbahnlinie erforderlich machte.

Die Linienführung zwischen Köln und Frankfurt über die Höhen des Westerwaldes wurde eifrig diskutiert. In Kirchen bildete sich ein „Comité“, welches sich „aufs eifrigste für den Eisenbahnbau von Deutz durchs Siegtal nach Betzdorf und Gießen einsetzte.“ So sollte zusätzlich die Stadt Siegen über eine Nebenbahn angebunden werden und damit auch gleichzeitig die bestehende Montanindustrie im Sieg-, Heller-, Dill- und Lahntal an die Steinkohlezechen im Ruhr-Revier.

Im Januar 1853 setzte sich schließlich diese Variante gegenüber einer bereits projektierten Eisenbahnverbindung Köln-Frankfurt über Altenkirchen und Hachenburg durch. Der Auftrag für den Bau und den Betrieb der Siegtalbahn über Betzdorf erging an die Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft.[1]

Das Erzfuhrwesen zur Siegtalbahn

Der Eisenbahnbau durch das Sieg- und Hellertal 1860/61 und später der Bau der Nebenbahnen brachte den Eisenerzgruben in der Region erhebliche Vorteile. Zuvor mussten für den Erztransport lange Wege in Kauf genommen werden, was sich produktionshemmend und verteuernd auswirkte. Dieser erfolgte weitgehend mit Pferdefuhrwerken, für die eigens teure Erzstraßen angelegt werden mussten. Die steilen Hänge des Westerwaldes machten das Erzfuhrwesen zudem gefährlich.

Der Bahnbetrieb in Betzdorf

Die neue Eisenbahnlinie brachte für Betzdorf erhebliche Verbesserungen im Personenverkehr. Die Reisezeit nach Köln reduzierte sich von 14 bis 17 Stunden mit der Postkutsche auf nur noch 2 1/2 Stunden. 1865 verkehrten zwischen Köln-Deutz und Betzdorf 4 Zugpaare sowie ein Weiteres auf der Strecke nach Siegen.
Später hielten dann sogar die D-Züge Wien-Ostende und Luzern-Norddeich in Betzdorf. Somit wurde die Stadt an der Sieg ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt für den Personenverkehr im Westerwald.[2]

Die Funktion als Güterumschlagbahnhof gewann ebenfalls schnell an Bedeutung und führte 1871 zu einer Erweiterung der Gleisanlagen. 1873 errichtete die Fa. Gebrüder Ermert im Bahnhof eine große Maschinen- und Waggonfabrik, wo auch Förderanlagen und Seilbahnen für den Bergbau sowie Spezialwagen für die Berg- und Hüttenbetriebe gefertigt wurden.
1892/93 wurde die Gleisanlage mit einem Kostenaufwand von 2 Millionen Mark erneut erweitert. Hierzu wurde sogar das Siegbett verlegt. Der Bahnhof erreichte eine Ausdehung von 13,8 ha. Insgesamt besaß der Güterbahnhof aber nur eine mittlere Bedeutung in der Region.[3]

Im Jahr 1911 liefen in Betzdorf täglich 95 Personenzüge und 110 Güterzüge ein und aus. Über 1200 Beschäftigte fanden hier Lohn und Brot. Die nochmalige Erweiterung im Jahr 1912/13 für insgesamt 13 Millionen Mark wurde vom Ersten Weltkrieg verhindert.[4]

Mit dem Bau der Eisenbahnlinie am Rhein nahm die Bedeutung der Deutz-Gießen-Bahn für den Personenverkehr ab. Der Rückgang wurde aber durch die wachsende Montanindustrie im Sieg-, Heller-, Dill- und Lahntal wieder aufgefangen.
1880 wurde die bis dahin private Bahn vom preußischen Staat verstaatlicht. In den Folgejahren wurden verschiedene Nebenbahnen in den Seitentälern der Sieg gebaut, z.B. 1886 die Strecke von Betzdorf (Grünebach) nach Daaden. Die Vielzahl an Nebenbahnen machte es 1886/87 erforderlich, die Strecke Köln-Betzdorf zweigleisig auszubauen. In der Folgezeit wurden zudem immer wieder private Anschlussbahnen von den Industriebetrieben und Bergwerken zur Hauptstrecke gebaut, die auch für den Personenverkehr genutzt wurden. Diese Entwicklung ließ Betzdorf am Ende des 20 Jahrhunderts zum bedeutenden Verkehrsknotenpunkt werden.[5]

Die Grubenanschlussbahnen

Der florierende Bergbau in der Region brachte einen schnell wachsenden Güterverkehr mit sich. Die Bergwerke befanden sich teilweise in abgelegenen Nebentälern oder auf den steilen Anhöhen, wodurch der Abtransport der Erze und die Versorgung mit Betriebsmitteln schwierig war. Mit dem Bau der Nebenstrecken rückte die Eisenbahn nun in erreichbare Nähe. Die Bergwerksbetreiber bauten daraufhin eigene Grubenanschlussbahnen, die zu Beginn oft nur schmalspurige Pferdebahnen waren. Die schweren Erzzüge wurden zu Tal nur durch Abbremsen gesteuert. In der Ebene und bei der Bergfahrt wurden sie von Pferden gezogen.
Die Erze mussten dann an Verladestationen von den Schmalspurbahnen auf die Normalspurwagen der Siegtalbahn umgeladen werden. Später wurden die Bahnen von Dampfloks und ab 1930 von Diesellokomotiven gezogen.

Eine Besonderheit war die in Herdorf beginnende Kunstertalbahn, die einen besonders steilen Abschnitt im Zahnradbetrieb bewältigen musste.
Andere Bergwerke und Basaltsteinbrüche transportierten ihr gefördertes Material mit eigenen Seilbahnen zu den Bahnverladestationen.

Quelle: W. Merzhäuser: Grubenanschlußbahn im Kreis Altenkirchen, in: Heimat-Jahrbuch des Kreises Altenkirchen und der angrenzenden Gemeinden, Altenkirchen 1994, S. 167- 169

Verfasser: Christoph Eul und Roger Lang


Literaturverzeichnis

  1. vgl. Koch, G. (1990): Glanz aus der Tiefe. Gudrun Koch:Siegen, S. 11ff
  2. Krauskopf, B. (1997): Die Eisenbahn in Betzdorf. EK-Verlag
  3. Krauskopf, B. (1997): Die Eisenbahn in Betzdorf. EK-Verlag
  4. Krauskopf, B. (1997): Die Eisenbahn in Betzdorf. EK-Verlag
  5. Krauskopf, B. (1997): Die Eisenbahn in Betzdorf. EK-Verlag