Grube Schiefer (Neustadt/Wied): Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 24. Juni 2022, 11:46 Uhr

Grube Schiefer (Neustadt/Wied)
Infopunkt an der
Georoute Basalt und Buntmetalle
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Steckbrief
Abgebaute Erze: Blei und Buntmetalle
Betriebsbeginn: vor 1617
Erste Verleihung: unbekannt
Gesamtteufe: etwa 80 Meter
Stilllegung: 1901
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www.qltr.de/qrka0069

Erze aus Neustadt (Wied) - Erfolg und Misserfolg

Nur noch wenige wissen, dass es hier im Bleibachtal einst Erzbergbau gab. Dabei war der Bergwerksbetrieb zeitweise durchaus bedeutend und reicht Jahrhunderte zurück. Der Bergschreiber Becker vom Bergamt Waldbreitbach schrieb darüber 1805 in einem Brief: „Dieses ist ein uralt verlassenes Bergwerk, dass von der Company Bennet Wahl den 6.ten Februar 1795 besehet worden“.

Es bestanden zunächst vier verschiedene Gruben, die östlich des Bleibachs am Hang des Bertenauer Kopfs lagen: Die Grube „Oberer Schiefer“, nur unweit nördlich davon die Grube „Unterer Schiefer“, talabwärts das sogenannte „Kupfertrumm“ und schließlich weiter oben am Hang die Grube „Bertenauer Kopf“. Für diese wurden die Gewinnungsrechte durch die Bergbehörde zwischen 1795 und 1833 an Bennet, Wahl und Company zu Neuwied erteilt. Der Heimatforscher Heiner Strauß aus St. Katharinen hat sich eingehender mit dem Bergbau „Im Schiefer“ befasst. Er beschreibt vier Bergbauperioden:<brr>

1. Periode 1617-1650

Zu dieser Zeit wurde auf allen vier genannten Gruben nach Blei, Kupfer und Blendeerzen (Zink) gegraben. Der Abbau erfolgte überwiegend im Stollenbau.

2. Periode 1792-1840

Um das jahrzehntelang aufgelassene Bergwerk in „ordentlichen Betrieb“ zu bringen, wurde im Bleibachtal ein tiefer Stollen in Richtung „Unterer Schiefer“ aufgefahren. Dabei wurde immer wieder etwas Erz gefunden und abgebaut. Doch die damaligen Betreiber kämpften drei Jahre lang vergeblich gegen eindringendes Wasser und mussten trotz der Investition von einigen tausend Gulden im Februar 1805 die Arbeiten einstellen. Die Gewerkschaft ging darüber in Konkurs. 1826 wurde der Betrieb von einer Nachfolgegesellschaft wieder aufgenommen. Der tiefe Stollen wurde bis zum „Unteren Schiefer“ vorgetrieben, wo man einen durchschnittlich etwa 90 cm und stellenweise bis zwei Meter mächtigen Erzgang antraf. Er enthielt Quarz, Bleiglanz und Zinkblende. Abbau fand in drei Strecken über der Sohle des Grundstollens statt. 1828 wurden mit einer Belegschaft von 17 Personen 3.200 Zentner Erz gewonnen, aus denen 350 Zentner Blei, 450 Zentner Bleiglätte und 420 Mark Silber erschmolzen wurden.<nt>
Die Erzaufbereitung erfolgte mittels Handscheidung und einer Setzwäsche mit vier Bütten sowie einem Schlämmgraben. Die Pocherze wurden zunächst auf Halde geworfen, bis man Anfang der 1830er Jahre unterhalb des Tiefen Stollens ein Pochwerk errichtete, das vom Bleibach und den Stollenwässern angetrieben wurde. Verhüttet wurden die Erze bis 1828 auf der Sterner Hütte bei Linz und von 1829 bis 1832 in Oberbieber. Wegen Unwirtschaftlichkeit wurde der Bergbau Ende der 1830er Jahre eingestellt.

3. Periode 1853-1860

Nach mehreren Besitzerwechseln fiel das Bergwerk 1853 an die Rheinische Bergwerksgesellschaft Köln. 1855 wurden die vier Gruben „zu einem unzertrennlichen Ganzen unter dem Namen „Schiefer“ vereinigt. Im „Oberen Schiefer“ förderte man nun über einen Schacht und einen 70 Meter langen Stollen Bleierze. Die Verfolgung der Erzgänge nach der Tiefe wurde durch Grubenwasser erschwert, da man keine leistungsfähige Wasserhaltungsmaschine hatte.
Die Hauptaktivitäten erfolgen im „Unteren Schiefer“, wo man zwei parallele Erzgänge abbaute, die bis 80 cm mächtiges Bleierz führten. Sie waren durch Schächte und den 360 Meter langen Grundstollen erschlossen.

Der 65 Meter tiefe Marienschacht war bis zur ersten Tiefbausohle 30 Meter unterhalb des Grundstollens niedergebracht worden. Der dort stehende Pferdegöpel (eine durch Pferde angetriebene Fördereinrichtung) bewältigte allerdings die Entwässerung nicht. Eine erforderliche Dampfmaschine wurde aus Kostengründen nicht beschafft, so dass der Tiefbau und die ganze Anlage 1860 stillgelegt wurden.

4. Periode 1898-1901

Nach mehreren Besitzerwechseln zwischen 1860 und 1888 übernahm die Rheinisch-Nassauische Bergwerks & Hüttengesellschaft zu Stolberg die Grube und versuchte ab 1898, den Betrieb wieder aufzunehmen. Man wältigte alte Stollen wieder auf und fuhr zahlreiche Strecken und Querschläge auf, doch die Resultate waren ernüchternd. Es wurden nur minderwertige Erzvorkommen gefunden. Nach zahlreichen Versuchsarbeiten wurde klar, dass eine lohnende Ausbeute nur im Tiefbau erfolgen konnte. Man wollte ursprünglich hierzu den im Wiedtal gelegenen Mertensstollen nutzen, der in den 1860er Jahren nur 140 Meter von geplanten 690 Metern vorgetrieben wurde. Dieser hätte allerdings zu wenig Tiefe gewonnen. Die Arbeiten wurden daher nunmehr 1901 endgültig eingestellt.

Die letzte Eigentümerin, die Stolberger Zink AG, wickelte über den Verkauf der verwertbaren Teile des Bergwerks, nämlich der Grundstücke, den Bergbau „Im Schiefer“ endgültig ab. 1992 erwarben die Neustädter Schützen große Teile des Geländes. Beim Bau der Schützenhalle wurde ein Stollen des „Oberen Schiefer“ freigelegt und dient heute als Quartier für Fledermäuse im Naturpark Rhein-Westerwald.

Heute sind nur noch einige wenige Bodenstrukturen als Relikte des Bergbaus erhalten geblieben. Neben einigen Pingen und Halden, insbesondere der heute umzäunten, markanten Schachtpinge des „Oberen Schiefers“, dem oben genannten Stollen am Schützenhaus und dem Mertensstollen erinnert nichts mehr an die einst lebhafte Bergbautätigkeit im Tal des Bleibachs. Dieser war zwischenzeitlich wegen der Bleibelastung im Bereich des Bergwerks und der ehemaligen Aufbereitungsanlagen zum „Blaubach“ umbenannt worden.

In den aktuellen Kartenwerken ist er allerdings wieder als Bleibach vermerkt und erinnert so an die Jahrhunderte alte Bergbaugeschichte von Neustadt (Wied).


Verfasser: Roger Lang
Stand 6/2022