Rippelmarken (Neustadt/Wied)
Rippelmarken (Neustadt/Wied) | |
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GeoTop des Jahres 2021 im Nationalen GEOPARK Westerwald-Lahn-Taunus | |
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Standort an der Georoute Basalt und Buntmetalle | |
verwendbare QR-Codes | |
direkter QR-Code: | www.qltr.de/nwgeo03 |
Der Meeresgrund an der Wand
Wattwandern an der Wied? Was zunächst unglaublich klingt, ist hier am Geotop des Jahres 2021 im Nationalen Geopark Westerwald-Lahn-Taunus steinerne Wirklichkeit. Die fast senkrecht stehende Gesteinswand mit den merkwürdig anmutenden Strukturen ist ein Paradebeispiel für einen fossilen Meeresboden. Vor etwa 400 Millionen Jahren, in der Devon-Zeit, lag die Gegend um Neustadt (Wied) unweit der Küste eines flachen Meeres. Vom nördlich gelegenen Festland brachten Flüsse Sand und Schlamm heran, die sich am Meeresgrund und in Flussdeltas absetzten. In den sandigen Ablagerungen bildeten sich durch die Wasserbewegung sogenannte Rippel.
Rippel entstehen als wellenartige Oberflächenformen durch die Bewegung von Luft oder Wasser
an der Grenze zu einer sandigen Ablagerung. Dabei unterscheidet man hauptsächlich Strömungsrippel und Oszillationsrippel. Strömungsrippel sind asymmetrisch, sie haben eine flache Luv- und eine steile Leeseite. Die meisten durch Wind erzeugten Rippeln sind Strömungsrippel.
Oszillations- oder auch Wellenrippel haben einen symmetrischen Querschnitt. Ideale Bedingungen
für die Bildung von Wellenrippeln gibt es an flachen Stränden, wo das Wasser mit den Wellen hin- und herströmt. Aber auch die Oberflächenwellen erzeugen in tieferem Wasser auf dem Meeresgrund eine Hin- und Herbewegung, die zur Bildung von Wellenrippeln führt.
Im Fall bei Neustadt (Wied) wurden die Rippel durch Überlagerung mit Schlamm und Sand im Laufe der Zeit erhalten, zu Gesteinen verfestigt und diese schließlich Jahrmillionen später durch enorme Kräfte in der Erdkruste gefaltet und steilgestellt:
Meeresboden einmal ganz anders!
Gefaltet und zerbrochen
Das Geotop des Jahres 2021 ist nicht nur ein Zeuge des Devonmeeres von vor rund 400 Millionen
Jahren, sondern auch von gewaltigen Kräften und Bewegungen in der Erdkruste - einem geologischen „Auffahrunfall“.
Vor etwa 350 Millionen Jahren, in der Karbon-Zeit, begann der damalige Südkontinent Gondwana zu
zerbrechen und driftete nach Norden. In unseren Breiten war es das heutige Afrika, welchem mehrere kleine Mikrokontinente vorgelagert waren. Diese kollidierten mit dem Nordkontinent Laurussia. Dabei schob Gondwana die zwischen den Kontinenten liegenden Meeresablagerungen wie ein Bulldozer vor sich her. Vor rund 320 Millionen Jahren wurden dann die devonzeitlichen Meeresablagerungen durch Druck weiter verfestigt, in Falten gelegt, zerbrochen, über den Meeresspiegel gehoben und schließlich teilweise auf das nördliche Festland aufgeschoben.
Das Variszische Gebirge türmte sich auf, das im Oberkarbon vor 300 Millionen Jahren schon wieder verwittert und eingeebnet war.
Die Neustädter Rippel gelangten so in die Position, wie wir sie heute vorfinden. Der ehemalige Meeresboden steht nun fast senkrecht aufgestellt vor uns und ein wie mit dem Lineal gezogener Bruch durchzieht die Gesteinswand. Dass wir diese Strukturen heute an der Erdoberfläche sehen können, ist der geologisch jungen Ausformung der Landschaft während der Zeit des Quartärs, auch Eiszeitalter genannt, zu verdanken. Seit etwa 800.000 Jahren und bis zum heutigen Tag hebt sich das Rheinische Schiefergebirge relativ rasch. Flüsse und Bäche schneiden sich seitdem in den Untergrund ein, legen den inneren Aufbau des Gebirges frei und ermöglichen so den Einblick in die wechselvolle geologische Geschichte der Region - Geologie zum Anfassen!
Verfasser: Roger Lang